Finanzpolitik


Die grosse Koalition der Verursacher oder wer hat Angst vor Zukunftskonzepten

Dr. Angelika Brinkmann

 

Die Bundesregierung hatte im Jahr 2004 das Thema Innovation in das Zentrum der Politik gestellt. Der Kanzler rief die Deutschen zum Erfinden auf, denn das Land müsse „international auf einen Spitzenplatz gesetzt werden „, es müsse „wissenschaftliche Erkenntnisse „ in „innovative Produkte umsetzen ,um so Arbeitslosigkeit abzubauen. Das Jahr der Innovation ging vorbei, und das meistbenutzte Wort war „Hartz IV“.

Um dieses Phänomen zu ergründen, lohnt es sich, eine der vielen Veranstaltungen des letzten Jahres näher zu betrachten, die „Innovation und Gerechtigkeit“ zum Thema hatte. Laut MP Platzek betrug der Verlust an Arbeitsplätzen in Brandenburg allein im Jahr 2003 12000 Menschen, die in den Westen gingen, vor allem nach Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Mit den Umstrukturierungsgesetzen (USG, dieser Begriff wird hier anstelle von Hartz verwendet ) sei nicht die Erwartung verbunden, dass tatsächlich aureichend Arbeitsplätze in nächster Zukunft geschaffen werden, sondern dass „...Menschen in Würde und mit sozialen Kontakten versorgt, in Rente gehen können“, was vor allem deshalb wichtig sei, weil in der ehemaligen DDR die Menschen sich sehr stark über ihre Arbeit definiert hätten, allerdings nicht nur dort, ist hinzuzufügen. In diesem Zusammenhang zitierte er Gesine Schwan aus ihrer 'Bewerbungstour' als Präsidentschaftskandidatin, die davon sprach, dass Politik Vertrauen erzeugen muss, vor allem im Osten. Aber, so ergänzte er, es gehe nicht nur um Vertrauensbildung, sondern um Mentalitätswandel.
Zusätzlich zu Vertrauen und Mentalitätswandel, zogen sich auch noch die Begriffe Bildung, Ausbildung, Forschung und Wertschöpfung wie ein roter Faden durch die anderen Beiträge. So sprach Generalsekretär Benneter von der Bereitschaft zu einem Strukturwandel (der dann ja einen Mentalitätswandel voraussetzt!) und das vor allem gut ausgebildete, hochqualifizierte Arbeiter gewünscht werden, den nur diese erwirtschaften den Wohlstand von morgen. Während Platzek noch darauf verwiesen hatte, das in der DDR der Handwerker etwas galt, aber einfache Diestleistungen wenig Sozialprestige hatten und daher weniger angesehen waren, fehlten diese Kategorien bei Benneter ganz.


Innovation gleich Zukunftspolitik

Unter diesem Titel wurden dann in einer ersten Podiumsrunde Möglichkeiten für neue Arbeit erörtert. Innovation solle ganzheitlich betrachtet werden, nicht nur unter dem Aspekt von F+E, d.h. sich auch auf produktbezogene Dienstleistungen beziehen. Wichtig sei eine Vernetzung der Ressortpolitiken.Leider wurde nicht dargelegt, wie denn bei diesem Ansatz dem häufig auftretenden Beharrungsvermögen und den üblichen Verhinderungstendenzen der jeweiligen Ressorts begegnet werden kann. Um institutionellen Wandel und Fortschritt zu erreichen, sei ein anderer Umgang mit Menschen notwendig. Auch diese Runde machte darauf aufmerksam, dass personenbezogene Dienstleistungen mit geringem Sozialprestige behaftet sind. Es wurde aber nicht klar definiert, was Innovation eigentlich bedeutet. Sind es die produktbezogenen Dienstleistungen, oder eher die personengebundenen? Wenn Schwerpunkt nicht nur F+E und Grundlagenforschung sein soll, müssen dann vorhandene Ideen effizienter umgesetzt werden?
Ein weiterer, häufig in der Veranstaltung vorgebrachter Ausspruch lautete: Wer wagt, gewinnt, häufig in Zusammenhang mit dem gewünschten Mentalitätswandel. Dies ist schon erstaunlich wenn man bedenkt, dass der englische Ausdruck 'venture capital' häufig immer noch mit Risiko- und nicht mit Wagniskapital übersetzt wird.
Behinderungen des gewünschten Wagemuts wurden auch aufgezählt, so z.B. das Tarifverträge für Start-up Unternehmen eher hinderlich sind. Auch die Tatsache, dass die Förderung von F+E immer noch höher eingeschätzt wird als Marketing und Vertrieb, wurde als Problem benannt. Dies führe dann dazu, dass deutsche Unternehmen gerne entwickeln, aber dem Vertrieb keine so grosse Bedeutung beimessen.

Dem Vortrag von Ministerin Edelgard Bulmahn am Nachmittag war nicht so klar zu entnehmen, ob nun eine Konzentration auf Bio-und Nantotechnologie oder eher eine Breitenförderung von Bildung und Forschung gewünscht wird. Zutreffend wurde dann in der anschließenden Podiumsrunde festgestellt, dass u.a. ein Problem für die Arbeitslosigkeit ein Mangel an Unternehmen sei.
Es war allerdings ein auffälliges Merkmal dieser Veranstaltung, dass Existenzgründer überwiegend als jung und männlich vorkamen. Frauen fanden eher als Teil des Reproduktionsprozesses Erwähnung. Da muss dann schon leicht ironisch nach dem warum gefragt werden, denn solange nicht genügend Unternehmen vorhanden sind, brauchen sie ja auch nicht so viel Nachwuchs. Erstrebenswert sind vielmehr Konzepte wie es gelingt, die auch immer wiede rerwähnten 15% Schulabgänger eines Jahrgangs ohne Abschluss, zu qualifizieren (dies ist dann aber Bildungsaufgabe, und damit überwiegend Ländersache) und kann natürlich weniger werbewirksam in einer solchen Veranstaltung diskutiert werden. Die offenbar gewollte Benachteiligung von Frauen korrespondiert auffällig zu den bereits beschlossenen Maßnahmen im Rahmen der USG, denn wer reproduziert, fällt zunächst einmal aus dem Arbeitsprozess heraus. Wer kein ALGII bezieht, hat auch kein Anrecht auf bezahlte Trainings-, Fort-und Weiterbildungsmaßnahmen oder Eingliederungszuschüsse. Daher wird ein Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erschwert.

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