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Nur weil die grosse Koalition der Verursacher für eine Vielzahl der
heutigen Missstände verantwortlich ist, bedeute tdies noch lange nicht,
dass eine grosse Koalition auch die Lösung der Problem darstellt, im
Gegenteil. Letztendlich kommen aber alle Teile der grossen Koalition der Verursacher
nicht darum herum, ihren Anhängern und Mitgliedern einen Orientierungskurs
für moderne Marktwirtschaft zu erteilen. Nicht zuletzt der Zuspruch für
die Linkspartei zeigt, dass der Anteil derer, die die Kostenvorteile ökonomischen
Erfolges gerne in Anspruch nehmen, die daraus folgenden wirtschaftlichen Konsequenzen
(mehr Wettbewerb z.B.)aber gerne ignorieren würden, erheblich ist. Verteilungsargumente
haben immer noch eine grosse Bedeutung. Es geht aber, wie bei Widman ansatzweise
dargelegt, den Abschied von alten Vorstellungen deutlicher einzuleiten. Dies
wird von den grossen Volksparteien nicht aufgenommen weil damit auch ein erhebliches
Abrücken von früherer Klientelpolitk verbunden wäre.. Einzig
die Linkspartei versucht diesem Umstand Rechnung zu tragen, allerdings mit
untauglichen Mitteln.
Das Abschiednehmen bei permanentem Wandel kann auch hier nicht erleichtert
werden, schon gar nicht mit einer ausgefeilten Vorschlagsliste.Entscheidend
ist der Wettstreit um Reformen von Zukunftskonzepten für den deutschen,
aber auch internationalen Sozialstaat unter den Bedingungen des internationalen
Wettbewerbs; egal wer regieren wird, damit die Versuchung schwindet, sich
noch einmal mit überwiegender Klientelpolitik davon zu stehlen, muss
es also für jeden saure Drops zu schlucken geben, aber die haben ja auch
eine länger anhaltende Wirkung als süße Bonbons.
Keine Mindestlöhne oder grundsätzlichen Lohnerhöhungen, sondern Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages auf 12.000,-- Euro pro Person und 1.000,-- Euro pro Kind. Dies würde für Geringverdiener eine spürbare Entlastung bedeuten; und könnte wahlweise zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur beitragen durch mehr Konsum, aber auch für die eigene Altersvorsorge genutzt werden.
Streichung sämtlicher USG-Massnahmen (über deren Wirksamkeit siehe u.a. Der Tagesspiegel, 24.07.2005)bis auf die Ich-AGs. Diese sind ein wichtiger Schritt hin zu einem Mentalitätswandel, da sie zu Eigeninitiative ermutigen. Freiwerdende Mittel können für qualifizierende Beratung genutzt werden. Es sollte auch ein Wechsel zwischen ALGII und Ich-AG erleichtert werde und zwar durch Erhöhung der Hinzuverdienstmöglichkeiten auf 400,-- Euro pro Monat. So könnten diejenigen, die produktive Betätigungsfelder gefunden haben, welche aber zur Selbstversorgung noch zu gering sind, trotzdem für ihre Initiative belohnt werden. Bei höheren Hinzuverdiensten kann dann sukzessive eine Verrechnung mit Krankenkassenbeiträgen und Sozialbeiträgen vorgenommen werden. Bei 12000 Euro steuerlichem Grundfreibetrag ist der Anreiz höher, mehrere Tätigkeiten zu kombinieren. Es würde den Abschied von dem einen existensicherenden Job bedeuten, bei 40 Stunden die Woche, sondern u.Umständen mehr Wochenarbeitszeit bei unterschiedlichen Tätigkeiten darstellen; der Preis für eine vielleicht 60 Stunden ist dann keine Abhängigkeit von Transferzahlungen, immer unter der Voraussetzung, dass eine solche Anzahl von Jobs zwecks Kombination überhaupt vorhanden und möglich ist
Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für die Einzahlung in die Rentenversicherung. Hier könnten die Beamten mit einbezogen werden, in Form einer solidarischen Leistung, da die Kosten der deutschen Einheit, wie immer wieder betont wird, ja überwiegend über die Sozialkassen bezahlt wurden. Beamte sollten also keine Ansprüche durch ihre Beiträge erwerben. Die Einzahlungen können gestaffelt nach Einkommen für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren erfolgen und mit 10,00 Euro monatlich in den unteren Einkommensgruppen beginnen.
Abschaffung der staatlich geförderten Altersteilzeitgesetztes vor dem Jahre 2009. um so Gewerkschaften, aber auch die Unternehmen zu bewegen, andere Formen von Weiterbeschäftigung zu finden. Hierzu ist eine Umgestaltung der Bundesagentur für Arbeit notwendig. Durch die Streichung der überwiegenden USG-Maßnahmen werden Mittel frei und die BA könnte zur Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen werden, die Mitarbeiter weiterqualifizieren wollen statt sie zu entlassen.Eines der Hauptprobleme für die BA ist die eigentlich nicht vorhandene Kenntnis, welche Arbeitsplätze denn in den Firmen existieren oder aber benötigt werden. Firmen wiederum haben langjährige Mitarbeiter, denen sie vielleicht zu trauen, mehr als Computerauffrischungskurse zu besuchen.
Bekämpfung von Diskriminierungs- und Selektionsprozessen
Verbesserung des Berufs der Erzieherin und Aufwertung des Regelkindergartens. Es gibt zwar Privatangebote für Englischkurse und Naturwissenschaften ab vier, oder aber musikalische Früherziehung für Kinder ab 18 Monate,da viele Frauen 'Bildung' für Kinder wünschen und fordern. Dies ist dann aber überwiegend – Geld vorausgesetzt – nur zu erreichen, wenn die Kinderbetreuung in den Händen der Mütter verbleibt, die dann wie die 'Fußballmütter' die Kleinen von Angebot zu Angebot fahren müssen. Solange der Erzieherberuf mit geringem Sozialprestige versehen ist, kann die frühkindliche Bildung nicht erfolgreich sein.
Gesellschaftliche Aufwertung handwerklicher und anderer Dienstleistungsorientierter Tätigkeiten.Wünschenswert wäre tatsächlich ein gesellschaftliches Umfeld wo nicht ausschliesslich hight-tech das höchste Sozialprestige genießt, sondern Handwerk wenn schon keinen goldenen aber doch bronzenen Boden ermöglicht.
Streichung fast aller steuerlichen Ausnahmetatbestände
wie Ehegattensplitting, und Eigenheimzulage.
Neudefinition des Günstigkeitsprinzips; keinen von Tarifparteien
oder per Gesetz bestimmten Mindestlohn, Besteuerung von Sonn-, Feiertags-
und Nachtarbeitzuschlägen, Abbau der Entfernungspauschale, Einbeziehung
von Zinsen in die Berechnung der Gewerbesteuer. Inkaufnahme einer Erhöhung
der Neuverschuldung; dies kann sich auch positiv auf die Gesamtkonjunktur
auswirken (so Gustav Horn in einem Interview mit dem ND 9.10.Juli 2005)
Einführung einer Positivliste
Steuerpflicht für Hedgefonds wie in Grossbritannien
Im Bereich der Firmenbesteuerung scheint hier das Modell einer Wissenschaftlergruppe
um das Mitglied des Sachverständigenrates Wolfgang Wiegard vielversprechend,
der eine "duale Einkommenssteuer" vorschlägt. Dieses Konzept
beinhaltet eine niedrigere Besteuerung von Kapitalerträgen als die von
Arbeitseinkünften. Personengesellschaften würden erhalten; damit
auch Personengesellschaften in den Genuss einer niedrigen Kapitalsteuer kommen
können, soll bei der Gewinnermittlung zwischen Kapitalgewinn und dem
persönlichen Gewinn unterschieden werden. (siehe auch das Interview in
einem Gastbeitrag Wiegards in der FAZ vom 4.08.05)
Für Handwerksbetriebe ist dieses Modell deshalb von Vorteil, da bei einem
Übergang zu einer einheitlichen Körperschaftssteuer Personengesellschaften,
die die meisten Handwerksbetriebe nun einmal sind, höhere Steuern zahlen
müßten. Entscheidend ist aber die Definition von "Eigenkapital"
um zu verhindern, dass sich innerhalb der Personengesellschaften neue Steuerschlupflöcher
entwickeln.
Ebenfallls beachtenswert ist die Anregung von Otto Kenzler, Präsident
des ZDH(Zentralverband des Deutschen Handwerks), der in einem Interview eine
begrenzte Ausweitung der steuerlich absetzbaren haushaltsnahen Dienstleistungen
vorschlägt (Interview in der Berliner Zeitung vom 4.08.2005) Dies könnte
sicherlich ein Beitrag zur Austrocknung der Schattenwirtschaft sein.
Einigkeit bei ZDH wie BDI besteht im Wunsch nach einer Abgeltungssteuer. Dies
macht tatsächlich Sinn, denn eine einheitliche Pauschalsteuer auf Zinsen,
Dividenden und Kursgewinne würde bei einem niedrigen Satz dazu beitragen
können, die Kapitalflucht zu stoppen. Interessanterweise findet sich
im Wahlprogramm der Union die Abgeltungssteuer, während sie einen von
Bundesfinanzminister Eichel vor zwei Jahren vorgelegten Gesetzentwurf verhinderte.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass eine grosse Koalition diese Vorhaben anpacken
kann. Beide grosse Parteien haben starke Interessensbindungen, die z. B. Beim
Abbau von Subventionen Bremswirkung entfalten würden. Die übliche
Konsens-und Kompromisssuche würden vermutlich fortgesetzt, wo institutionelle
Innovation gefragt ist. Es muss auf jeden Fall deutlich gemacht werden, dass
Deutschland nur mit grossen Anstrengungen aus der gegenwärtigen Situation
herausfindet, unter Nichtbeachtung des so beliebten Reformharmoniebedürfnisses.
Egal wer regieren wird, er oder sie muss auch für Zumutungen an die eigene
Klientel bereit sein.Es geht um mehr, als mit Hilfe einer Einheitssteuer das
Finanzrecht zu erleichtern. Es gilt die Frage zu beantworten, ob und wie z.
B. der steigende Bedarf an Tätigkeiten im Dienstleistungssektor, hier
vorallem bei Heil-und Pflegeberufen, aus Steueraufkommen bezahlt werden soll.
Obwohl hier teilweise Niedriglöhne gezahlt werden, ist doch eine gute
Qualifikation erfoderlich. Für diese Bereiche erscheint eine steuer-,
beitrags- oder umlagebasierte Finanzierung wünschenswert.
Innovation beginnt in den Köpfen der Menschen, heißt es häufig.
Um diese tatsächlich umzusetzen, muss der so häufig angesprochene
Mentalitätswandel auf einsehr viel breiteres Fundament gestellt werden.
Dem Innovationsrat sollte vielleicht ein Transitionsrat beigegeben werden,
der die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen im Hinblick auf die Zukunftsgestaltung
diskutiert. Dies macht allerdings nur dann Sinn, wenn seine Zusammensetzung
über die übliche Klientelpolitik hinausgeht. Ansonsten entsteht
der Eindruck, dass ein Teil der Bewohner des Hauses Bundesrepublik über
den Um-,Aus- und Weiterbau befindet, während der andere froh sein darf,
darin zu wohnen.
August 2005
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